Seit etwa 70 Jahren baut die saarländische Landesregierung die Landeskunstsammlung auf. Jedes Jahr investiert das Ministerium für Bildung und Kultur 20.000 bis 30.000 Euro in Werke von saarländischen Künstlerinnen und Künstlern, fördert die regionale Kunstszene und schafft so eine Chronik der saarländischen Kunstgeschichte.
Wie hoch die Qualität der Sammlung ist, beweist die gerade angelaufene Ausstellung „Stadt, Land, Fluss“, welche die Sammlung, ergänzt durch private Leihgaben, unter dem Gesichtspunkt der Landschaft thematisch ausbreitet. Künstler und Kurator Dirk Rausch hat im Kulturzentrum am Eurobahnhof (KuBa) ein ansehnliches Konvolut zusammengetragen und so manchen Schatz gehoben.
Applaus verdient Kurator Dirk Rausch schon deshalb, weil er es geschafft hat, einige Malerinnen in die Ausstellung zu integrieren, was sicher nicht einfach gewesen sein dürfte.
An erster Stelle zu nennen ist die wunderbare Arbeit von Mia Münster im Treppenhaus des KuBa. Das undatierte Gemälde zeigt die Dillinger Hütte in expressiver Form- und Farbsprache. Ähnlich expressiv ist Hilde Mertz‘ „Blick von der Talstraße“ auf die Stadt. Ein besonderes Werk ist Nora Hildebrands Pastellkreidezeichnung „An der Bismarckbrücke“, die bestimmt ist von einem Liniengewitter, das die Arbeit hochdynamisch wirken lässt. Und dann ist da noch Marianne Aatz‘ „Kirmes in Landsweiler-Reden“ aus dem Jahr 1949, eine pittoreske Dorfszene in einem Bergarbeiterort.
Höhepunkte sind die beiden Landschaftsansichten des Bliesgaus von Hans Dahlem, die beide 1954 entstanden und damit nur wenige Monate bevor Dahlem eine lange abstrakte Phase begann. Die Blicke auf die Landschaften sind ausgeführt einmal als Ölgemälde in leuchtenden Farben, dann als Gouache in gedeckten Tönen.
Auffällig ist die Verhaftung der saarländischen Künstler der Nachkriegszeit im Kubismus. Fritz Berberichs „St. Ingbert“ ist eine kubistische Stadtlandschaft aus geometrischen Grundformen. Ein Hochgenuss dieser kubistischen Werkgruppe ist Jo Enzweilers „Stadt/Abends“ aus dem Jahr 1962. Es ist ein düsterdunkles Ölgemälde aus Rechtecken, in das als Kirchturm ein Dreieck gesetzt wurde.
Natürlich darf in einer Ausstellung mit saarländischen Landschaften die Saarschleife nicht fehlen. Hier kommt die Ansicht allerdings nicht als kitschiges Postkartenmotiv daher, sondern als expressionistisches Rot-Grün-Braun mit einem dynamischen Wolkenhimmel. Der Urheber überrascht, denn es ist Otto Lackenmacher, den viele nur von seinen sexuell aufgeladenen Akten kennen.
Und dann gibt es da noch die kleinen Preziosen, die einen in Staunen versetzen. Etwa Christian Woytts winterliche Ansicht von St. Johann, die aus dem Jahr 1924 stammt und die älteste Arbeit in der Ausstellung ist. Wunderbar auch Richard Eberles winterlicher „Blick auf die Ostschule“ und die „winterliche Haldenlandschaft“ von Fritz Zolnhofer.
Rausch ist eine feine Ausstellung gelungen, die viel zum Schauen bietet. Ein besonderes Moment bietet „Stadt Land Fluss“, wenn man auf Entdeckungsreise gehen kann nach längst vergangenen Zeiten, als Saarbrücken noch ein großes Dorf an einem kleinen Fluss war.
„Stadt Land Fluss“, bis 31. Oktober 2024, Kulturzentrum am Eurobahnhof, Saarbrücken