Max Mertz: Stadtansicht von Homburg, Foto: KuBa Saarbrücken
Max Mertz: Stadtansicht von Homburg, Foto: KuBa Saarbrücken
19. September 2022

Zurück im Rampenlicht

Das Kuba in Saarbrücken zeigt eine retrospektive Ausstellung zum Werk von Max Mertz.

Die Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts im Saarland ist eine unglaublich spannende Episode, weil sie nicht nur exemplarisch die Ereignisse des Jahrhunderts künstlerisch nachvollziehen lässt, sondern weil sich hier zwischen Deutschland und Frankreich ein ganz eigener künstlerischer Mikrokosmos ausbildete. Doch das Land hat ein Problem, denn niemand hebt diesen Schatz. Die kunstwissenschaftliche Aufarbeitung dieser Zeit liegt weitgehend brach.

Dass man wenigstens gelegentlich Werke von Kunstschaffenden der Nachkriegszeit sehen kann, verdankt man Andreas Bayer, dem Direktor des Instituts für aktuelle Kunst, der zugleich Kurator des Kulturzentrums am Eurobahnhof in Saarbrücken ist. Zu sehen waren hier schon Fritz Zolnhofer, Volker Gross, Fritz Berberich und weitere saarländische Protagonisten der Kunst des 20. Jahrhunderts. Nun präsentiert das KuBa eine Auswahl von Werken des Homburgers Max Mertz (1912-1981). Nur wenige werden den Maler, Grafiker und Bildhauer überhaupt kennen, dabei war er einer der bedeutendsten Künstler des Saarlandes in den 1950er und 1960er Jahren und bestimmte als Vorsitzender des Saarländischen Künstlerbundes auch die Kulturpolitik des Landes mit. Zum ersten Mal seit 16 Jahren sind seien Arbeiten wieder in musealem Rahmen zu sehen. 

Immerhin 36 Werke hat Bayer ausgewählt, die von den 1950ern bis in die 1980er Jahre entstanden sind. Sie stammen vor allem aus der Kunstsammlung des Saarlandes und werden durch Leihgaben aus dem Künstlernachlass und aus Privatbesitz ergänzt. Das erlaubt einen intimen Einblick in das Oeuvre von Mertz, dessen Werke auch im öffentlichen Raum allgegenwärtig sind, etwa am Brunnen vor der Kreissparkasse am Saarbrücker Rathaus, als Relief in der Kupfergasse oder an einem Kreisel in St. Ingbert.

Wie so viele Saarländer hatte Mertz unter der französischen Verwaltung nach dem Zweiten Weltkrieg ein Stipendium bekommen und durfte in Paris studieren. Zuvor hatte er an der Kunstakademie Dresden gelernt, war nach Wehrdienst und Kriegsgefangenschaft mit seiner Frau in die Heimat zurückgekehrt. Anfangs noch kubistisch in der Form und expressionistisch in Ausführung und Farbgebung, zersplitterte der Künstler in der Folge den Bildgegenstand immer stärker. Ein erster Höhepunkt ist der „Place de Furstenberg“ aus dem Jahr 1951, das den Übergang zur abstrakten Formensprache darstellt. Zum ersten Mal seit Jahrzehnten ist es wieder öffentlich zu sehen. Eine kleine Sensation, wie Bayer betont. Das Werk übernimmt die Reduktion auf die geometrischen Formen, wie sie im Kubismus üblich war, bleibt aber stark im Gegenständlichen verhaftet. Der Boden scheint sich leicht aus dem Bildgrund zu erheben, weil Sand in das Material eingearbeitet ist, zugleich sind die stark linear angedeuteten Bäume in reliefartiger Vertiefung darin eingetragen.

Ab den 1960ern Jahren begann Mertz zunehmend zu abstrahieren. Die ständige Weiterentwicklung, das Experimentieren und Ausprobieren zeichneten ihn aus. Immer wieder arbeitete Mertz mit kunstfernen Materialien wie Öl und Sand, nutzte Collagetechniken und erarbeitete Holzreliefs. Etwa das surrealistische „Bewegte Szenarien“ aus dem Jahr 1953, in dem Mertz die Formen als Linie in die Holzplatte kratzte und dann flächig in Blau und Rot kolorierte. Es dürfte wohl einmal deutlich farbiger gewesen sein, doch unsachgemäße Lagerung oder Hängung im Sonnenlicht einer ministerialen Amtsstube haben dem Bild arg zugesetzt. 

Herausragend ist hier ein Bildobjekt, das aus zwei Ebenen besteht. Im Vordergrund eine Materialcollage aus eckig-geometrischen Formstücken mit schwarzem und grau reliefiertem Farbauftrag und Metallbändern, die vor einer weißen Leinwand zu schweben scheinen. Ein fast schon konstruktiv-konkreter Ansatz. Im Gegensatz dazu an der hinteren Wand ein Triptychon in Rot- und Grüntönen aus tänzelnden Formfragmenten. Fast schon langweilig ist da das gegenüber gezeigte Triptychon mit dem Blick aus dem Fenster der Villa Massimo, wo Mertz Ende der 1970er Jahre als Ehrengast weilte. Es ist eine pittoreske Landschaftsszene hinter gerasterten Fenstersprossen in fast schon fauvistischer Manier, die beweist, dass Mertz die Naturreflexion nie aufgegeben hat.

Wieder einmal überrascht uns Andreas Bayer im KuBa mit einer unbedingt sehenswerten Ausstellung und rückt einen der großen saarländischen Künstler zurück ins Rampenlicht. Die Schau beweist eindrücklich, dass Max Mertz auch dorthin gehört.

Max Mertz, bis 29. Oktober 2022, Kulturzentrum am Eurobahnhof (KuBa), Saarbrücken

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