Im Kulturzentrum am Eurobahnhof ist alles neu. Irgendwie jedenfalls. Mit dem Rückzug von Michaela Kilper-Beer aus der Geschäftsführung und Andreas Bayer als künstlerischem Leiter muss sich das Kuba neu erfinden. Der neue Geschäftsführer Markus Spang kommt zwar nicht aus dem Kulturmanagement, doch gerade das kann auch ein Vorteil sein, weil er eine unverbrauchte Sichtweise mitbringt.
Mit der neuen Reihe „Insights“ startet er eine seiner ersten Ideen für die Galerie des KuBa. In unterschiedlichen Konstellationen erhalten die Künstlerinnen und Künstler des Atelierhauses die Gelegenheit, ihre Arbeit vorzustellen. Den Anfang machen dann auch gleich drei Schwergewichte des Hauses und der saarländischen Kunstszene: Claudia Vogel, Eva Walker und Dirk Rausch.
Eine spannende Auswahl, da die drei Kunstschaffenden ihren Schwerpunkt auf prozesshaftes Arbeiten setzen, dies aber auf sehr unterschiedliche Weise. Das kennt man doch alles schon, so könnte man meinen, also doch nicht alles neu. Tatsächlich bietet die Ausstellung aber so manche Überraschung und ohnehin ist die Qualität der drei so herausragend, dass man froh um jede Ausstellung ist, die man sehen darf. Das Bayers oft sehr akribische und sensible Hängung fehlt, bemerkt man zwar, es ist aber kein großer Makel.
Es beginnt im Treppenhaus mit einer Gegenüberstellung der drei Positionen in Kleinformaten, die recht eindrücklich vermittelt, wo die Unterschiede und Gemeinsamkeiten liegen. Vogel arbeitet gerade mit Frottagen. Sie nutzt Papier, dass sie über Textilien legt und dann mit Farbstiften darüberfährt. So entstehen „Abdrücke“ des Gewebes aus reiner Farbe. Rhythmus und Struktur des Gewebes werden durchgedrückt und so entstehen abstrakte Formen, welche die Künstlerin nicht im eigentlichen Sinne gemalt hat. An den Verdickungen des Gewebes kulminiert die Farbe zu satten Knötchen, an anderen Stellen ist sie zarter.
Kaum jemand untersucht so konsequent wie Vogel die Farbe als Material. Durch ihre experimentelle Arbeitsweise zeigt sie immer neue Eigenschaften der Farbe. Sie wird mit dem Pinsel aufgetragen und gepresst, getropft oder gezeichnet. Nicht selten spielt der Zufall eine nicht unerhebliche Rolle und das Ergebnis des experimentellen Arbeitens wird akribisch untersucht. Gleich mehrere Arbeiten hängen in der Ausstellung nebeneinander und lassen Vogels erstaunliche Bandbreite erahnen.
Daneben stehen die streng geometrischen, sich überlagernden Farbflächen von Dirk Rausch. Der Künstler setzt diese neben oder über Flächen aus Aquarellfarbe, die als zarte Verläufe die scharfen Rechtecke der Siebdrucke konterkarieren. Es entsteht ein subtiles Spiel aus Farbe und Form, aus Überlagerung und wechselnden Farbwirkungen.
Eva Walker geht einen anderen Weg. Sie arbeitet vor allem mit Bleistiften. Bei ihr stehen Form und Fläche im Vordergrund, die meisten ihrer Werke sind in Schwarzweiß gehalten. Mit nervösem Strich „mäandert“ sie über das Papier, scheint auf der Suche nach der Form, die sich aber nie wirklich materialisiert.
Walkers Zeichnungen basieren auf Bewegungsabfolgen des Blicks beim Betrachten von Bildern, die sie zeichnerisch notiert. Sie scheint abtastend über die Fläche zu wandern. Je nachdem, wo der Blick hängen bleibt, wird die Linie dicker, verdichtet sich gar zur Fläche.
Gerade in den Werken der Serie „Stek“ möchte das Auge gerne Landschaften sehen, die sich im Wasser spiegeln, doch der Schein könnte trügen. Letztlich handelt es sich um Linienknäule, deren teilweise symmetrische Anordnung den Eindruck von Reflexion hervorruft. Ein geschickter Kniff, der zeigt, wie einfach Auge und Gehirn den sehr komplexen Vorgang der Wahrnehmung von Form und Farbe letztlich verarbeiten.
So weit, so gut und wirklich ansprechend, wäre da nicht schon im Treppenhaus noch eine kleine Sensation. Im Aufgang zeigt Rausch einen Siebdruck auf einem dichten Baumwollgewebe, das an eine nichtgrundierte Leinwand erinnert. Der Druck nimmt Elemente der Farbflächendrucke auf, geht aber weiter. Da sind schraffierte Flächen, die wie hingekritzelt erscheinen, im Hintergrund schieben sich horizontale Streifen in Rot ins Bild, ein gelbes Linienraster, teilweise ausgefüllt, prangt im Zentrum, gelbe und grüne organische Formen sind scheinbar emotional, ja fast schon gestisch, aufgetragen worden. Die Grundidee bleibt gleich: Rausch untersucht Fläche und Form, schafft Tiefe und untersucht, wie sich die Farbe der überlappenden Flächen verändert. Das tut er aber mit so viel Verve, wie man es von dem sonst so kühl kalkulierenden „Farbphilosophen“ nicht gewohnt ist. Gerne mehr davon!
KuBa Insights, Vol I – Walker/Vogel/Rausch, bis 5. April 2024, KuBa Saarbrücken.
Öffnungszeiten:
Di, Mi, Fr 10 Uhr bis 16 Uhr,
Do und So 14 Uhr bis 18 Uhr
Mo und Sa geschlossen
29. März 2024 bis 1. April 2024 geschlossen